Warum geraten viele Bauprojekte in wirtschaftliche Schieflage – trotz hoher Auftragssummen und scheinbar klarer Leistungsverzeichnisse?

Ein Blick in Baupraxis zeigt: Planungsmängel, falsche Kalkulation und Haftungsrisiken sind Symptome eines systemischen Fehlverständnisses der VOB-Mechanismen. Wer die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen umfassend versteht und mit strategischem Know-how kombiniert, kann systematisch Mehrertrag generieren: Das praxiserprobte Sechsphasenmodell ist eine solche Methode – mit nachweislich über 15 % zusätzlichem Renditepotenzial.

Phase 1: Die Leistungsverzeichnis-Analyse – Fundament professioneller Vergaben

Die „LEISTUNGSVERZEICHNIS-Analyse“ (Frühphase-Vorprüfung) stellt die erste und entscheidende Schnittstelle im VOB-geregelten Projekt dar. Ziel ist eine strukturierte Überprüfung des Leistungsverzeichnisses – und zwar vor Angebotsabgabe.

  • Prüfung der formalen Anforderungen nach VOB/A: Leistungsbeschreibung vollständig und eindeutig?
  • Identifikation von Nachtragspotenzial durch unklare oder unvollständige Vorbemerkungen
  • Abgleich mit realem Baustellenbedarf
  • Strategische Kommunikation mit Planern und Auftraggebern

Die LEISTUNGSVERZEICHNIS-Analyse entlarvt oft eklatante Ausschreibungsmängel. Planer schreiben mit veralteten oder rechtswidrigen Vorlagen – wodurch unzulässige Risiken auf Bauunternehmen abgewälzt werden. Erkenntnis: Unwirksame Vorbemerkungen sind kein Zufall, sondern System. Wer diese rechtzeitig erkennt, kann sie kommunizieren – oder strategisch kalkulieren.

Phase 2: Klare Planungsanforderungen stellen – Rechte nach VOB kennen

Nach Zuschlag folgt die erste zentrale Anforderung aus technischer Sicht: Die projektverantwortliche Seite muss vollständige Ausführungsplanungen liefern. Rechtlich entspricht dies § 3 Absatz 1 der VOB/B. Doch was bedeuten „ausführungsreife“ Planungen konkret?

  • Detaillierte Schnitte und Maßstäbe je nach Installationsschwerpunkt (ISP)
  • Skalierungspflicht für Pläne im Verhältnis 1:1 (z. B. bei Spezialgewerken)
  • Nachvollziehbarer Aufbau für Werkstatt und Baustelle

Viele Auftragnehmer unterschätzen, dass sie Pläne nach Maßstäben und Inhalt konkret einfordern dürfen. Werden mangelhafte Planunterlagen einfach übernommen, droht konkludente Übernahme der Planungsleistung – und damit volle Haftung.
Praxisbeispiel: Eine Übergabe unvollständiger Elektroplanung ohne Hinweis auf Mängel kann dazu führen, dass das ausführende Unternehmen für rechtliche und technische Umsetzungsfehler einsteht – mit potenziellen Folgekosten im fünfstelligen Bereich. Das lässt sich vermeiden – durch schriftlich belegte Nachforderungen auf Basis der VOB.

Phase 3: Eigenständige Werkstatt- und Montageplanung – ohne Haftungsrisiko

Die werkseitige Detailplanung oder gewerkspezifische Montagevorbereitung darf keine Lücke in der Verantwortungskette hinterlassen. Eine eigenständige Planung ist laut VOB auch dann notwendig, wenn die Planer ihrer Leistungspflicht nicht nachkommen. Allerdings gilt:

  • Keine Übernahme planerischer Verantwortung ohne explizite Klärung
  • Anforderungen klar schriftlich formulieren
  • Planungslücke dokumentieren und kommunizieren

Auch hier wird deutlich: Die VOB dient nicht nur der Leistungsvergabe, sondern ist Handlungsrahmen für vertragliche Abgrenzung. Richtig gelesen und genutzt, schützt sie Bauunternehmen vor der Planerhaftung.

Phase 4: Ausführung und Arbeitsvorbereitung – Transfer zur Baustelle

Der nächste Knackpunkt liegt in der Praxis: Baustellenrealität entspricht selten dem in der Ausschreibung kalkulierten Bausoll. Änderungen passieren häufig kurzfristig und informell. Deshalb ist der VOB-Kontext vor Ort zu verankern – möglichst praxis- und sprechfertig.

  • Schulung der Vorarbeiter in Vertragsbewusstsein (VOB-Kompetenz kompakt)
  • Werkzeuge zum Mängelmanagement etablieren
  • Sofortinformation an Büro bei Abweichungen
  • Emotionale Kommunikation mit hoher Praxisrelevanz („Warum ist die Laufzeit zur Toilette ein Nachtragsfall?“)

Der emotionalisierte Bauablauf stärkt nicht nur das Verständnis im Team, sondern fördert die systematische Erfassung von Abweichungen – die später zur Nachtragsgrundlage werden.

Phase 5: Nachträge systematisch begründen – aus Bauvertrag, nicht Bauchgefühl

Vielerorts wird das Instrument des Nachtrags inflationär oder falsch verstanden. Doch mit der richtigen Methodik lassen sich baubetriebliche und juristische Nachtragsansprüche grundsätzlich und beziffert darlegen.

  • Abgleich zwischen Ausschreibung (LV), Planungsstand und Ausführungslage
  • Begründung auf Basis von § 2 VOB/B (Leistungsänderungen, zusätzliche Leistungen)
  • Dokumentationsstrategie bereits ab Leistungsbeginn

Durch diesen Dreiklang ("Ausschreibung – Planung – Realität") entsteht ein Prüfpfad, den auch juristische Laien im Projekt nachvollziehen können. Die Konsequenz: Anspruch auf Vergütung – nicht als Streitpunkt, sondern als sachlich fundierter Beitrag zur Projektsicherheit.
Nachgewiesen wurde dieses Modell bereits bundesweit in über 100 Bauunternehmen. Renditezuwächse von 10.000 € monatlich sind realistisch – unabhängig vom Gewerk.

Phase 6: Abnahme und Gewährleistung – Sicherung des Projektabschlusses

Die letzte Phase – oft unterschätzt – betrifft die Abnahme. Sie markiert den Beginn der Gewährleistung und das Ende der Vertragserfüllung. Doch in der Praxis wird die Abnahme häufig hinausgezögert oder verweigert.
Typische Problemstellungen:

  • „Nutzer ist nicht da“ – keine Schlüsselübergabe
  • Fertigstellung wird nicht protokolliert
  • Einseitige Verschiebung durch Auftraggeber

Die VOB/B kennt klare Regeln: Nach Fertigstellungsanzeige ist die Abnahme zu erteilen, andernfalls tritt spätestens nach Ablauf einer gesetzten Frist die fiktive Abnahme ein (§ 12 VOB/B). Wichtig: Diese Fristen und Vorgänge müssen sauber dokumentiert und rechtlich eingeordnet werden.

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Fazit: Die VOB als Renditehebel und nicht als Risiko

Das vorgestellte Sechsphasenmodell ermöglicht einen strategischen Umgang mit der VOB in sämtlichen Projektphasen – von der Angebotsauswertung bis zur Abnahme. Es übersetzt den juristischen Rahmen in reale, gewerknahe Handlungsschritte.
Wer systematisch nach diesem Modell arbeitet:

  • Erkennt wirtschaftliche Potenziale bereits im Leistungsverzeichnis
  • Vermeidet Planungs- und Haftungsrisiken konsequent
  • Entwickelt Nachtragsansprüche auf fundierter Grundlage
  • Bringt Projektverantwortung und Vertragsrecht in Einklang

Die VOB muss nicht bloß eingehalten werden – sie kann genutzt werden.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zur VOB in Bauprojekten

Warum ist das Leistungsverzeichnis (LV) häufig mangelhaft?

In vielen Fällen nutzen Planer veraltete oder unpassende Vorlagen. Oft werden juristisch zweifelhafte Vorbemerkungen integriert, die nicht den Anforderungen der VOB entsprechen. Eine Prüfung vor Angebotsabgabe ist daher unumgänglich.

Was darf nach VOB von Planern eingefordert werden?

Laut § 3 Absatz 1 VOB/B sind ausführungsreife Planungen geschuldet. Dazu gehören u. a. detaillierte Schnitte, Maßstäbe je nach Gewerk und vollständige technische Unterlagen. Diese müssen aktiv eingefordert werden – sonst drohen Haftungsrisiken.

Wann entsteht ein legitimer Nachtragsanspruch?

Ein Nachtrag ist berechtigt, wenn es Abweichungen vom ursprünglichen Leistungsumfang gibt – entweder durch zusätzliche Anforderungen, Planungsänderungen oder Baustellenbedingungen. Grundlage ist der Abgleich zwischen Vertrag, Planung und Realität.

Wie wird eine verweigerte Abnahme rechtlich behandelt?

Wird trotz Fertigstellung keine Abnahme durchgeführt, kann nach Fristsetzung die fiktive Abnahme gelten (§ 12 VOB/B). Entscheidend ist eine rechtssichere Dokumentation aller Abläufe.