Warum sind hervorragende Leistungsbeschreibungen nach der VOB entscheidend für eine erfolgreiche Ausschreibung?

Die Antwort liegt in der Kombination aus rechtlicher Sicherheit, Kalkulierbarkeit und Vergleichbarkeit der Angebote. Wer gegen die Anforderungen aus § 7 Absatz 1 der VOB verstößt, riskiert erhebliche Rechtsfolgen – bis hin zum Ausschluss der Ausschreibung. Dieser Beitrag beleuchtet die sieben Schlüsselelemente der VOB-konformen Leistungsbeschreibung und zeigt anhand konkreter Beispiele, worauf besonders zu achten ist.

Warum § 7 Abs. 1 VOB/A die Grundlage jeder Ausschreibung bildet

Die VOB/A, insbesondere § 7 Absatz 1, definiert die Spielregeln für die Gestaltung von Leistungsverzeichnissen. Hier steht explizit: Die Leistung ist „eindeutig und erschöpfend zu beschreiben“. Das bedeutet:

  • Jede Position im Leistungsverzeichnis muss klar und vollständig formuliert werden.
  • Alle Beteiligten – vom Planungsbüro bis zum Bieter – müssen dieselben Informationen auf derselben Grundlage bewerten können.
  • Unklare oder pauschale Angaben wie „Heizkessel liefern und montieren“ reichen nicht aus.

Fehlt die präzise Definition, wird die Ausschreibung vergaberechtswidrig – mit Konsequenzen für Auftraggeber und ausschreibende Stelle.

Typische Fehler in der Praxis – und ihre Folgen

Viele öffentliche Ausschreibungen enthalten Leistungspositionen wie „laufender Meter Edelstahlrohr liefern und montieren, inklusive Formteile und Befestigung“. Was auf den ersten Blick professionell klingt, ist tatsächlich hochproblematisch:

  • Die Beschreibung ist nicht eindeutig: Welche Rohrgröße? Welche Wandstärke? Welche Formteile?
  • Sie ist nicht erschöpfend: Fehlen die räumlichen Angaben zur Baustelle, kann keine korrekte Kalkulation erfolgen.
  • Sie ist nicht vergleichbar: Jeder Bieter interpretiert die Vorgaben anders.

Vergaberechtlich gesehen ist das ein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 VOB/A, der im Nachprüfungsverfahren beanstandet werden kann. Folge: Die Ausschreibung muss unter Umständen vollständig neu erstellt werden.

Kalkulationssicherheit durch vollständige Angaben

Gemäß Nummer 2 des VOB § 7 Abs. 1 müssen alle preisbeeinflussenden Umstände in den Vergabeunterlagen enthalten sein. Das betrifft insbesondere:

  • Standort und Lage des Bauteils oder der Einheit
  • Zugangsbeschränkungen (z. B.: „Kesselhaus im zweiten Untergeschoss“)
  • Bauliche Gegebenheiten (Treppenbreite, Türmaße, Durchfahrtshöhen)
  • Notwendigkeit von Baustelleneinrichtungen oder Hebeeinrichtungen

Ein Beispiel verdeutlicht die Relevanz: Wird ein 1,2 t schwerer Heizkessel angeboten, ohne dass in den Unterlagen klar ist, ob die Türen zum Technikraum breit genug sind, lässt sich kein Angebot kalkulieren – oder nur mit unsicherem Risikoaufschlag. Vergaberechercheure könnten dies rügen. Unternehmen könnten Nachträge fordern oder sogar Abstand vom Projekt nehmen.

Keine Bedarfspositionen im Leistungsverzeichnis

Die VOB/A spricht in Nummer 4 des Absatzes 1 ein klares Verbot aus: Bedarfspositionen dürfen nicht aufgenommen werden. Dazu zählt etwa:

  • Positionen wie „alternativ C-Stahl anstelle Edelstahl anbieten“
  • Wahlmöglichkeiten, die keine Planungsentscheidung beinhalten
  • Eventualpositionen ohne klare Abrufregelungen

Warum? Bedarfspositionen übertragen Planungsverantwortung auf den Bieter und untergraben den gleichwertigen Angebotsvergleich. Sie führen zu unklaren Preissituationen und machen die Vergabe angreifbar. Solche Fehler, oft aus Budgetdruck geboren, widersprechen dem Geist der VOB.

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Leistungsbeschreibung ist mehr als ein Textfeld

Gemäß Nummer 5 des § 7 Abs. 1 muss auch der Zweck und die Beanspruchung der Bauleistung beschrieben werden. Dazu gehören:

  • Funktion der Leistung im Gesamtbauvorhaben
  • Nutzungsdauer oder Belastungsklassen
  • Anforderungen an Wartung, Energieeffizienz oder Brandschutz

Planer und Ausschreiber müssen diese Informationen in den Vorbemerkungen, dem Leistungsverzeichnis und den Plänen aufführen. Nur so ergibt sich ein vollständiges Bild des sogenannten „Werkerfolgs“, der vertraglich geschuldet ist. Das Unternehmen muss verstehen können, was das fertige Bauwerk leisten soll – nicht nur, wie es zu bauen ist.
Baustellenverhältnisse dürfen nicht auf den Bieter abgewälzt werden
§ 7 Abs. 1 Nummer 6 verbietet es, dem Auftragnehmer die vollständige Verantwortung für die Baustellenerkundung zu übertragen. Gängige Vorbemerkungen wie „Besichtigung vor Ort verpflichtend“ oder „Verhältnisse auf eigene Gefahr zu prüfen“ sind damit unzulässig.
Stattdessen gilt:

  • Die Leistungsbeschreibung muss so gestaltet sein, dass alle relevanten Bedingungen im Büro nachvollziehbar sind.
  • Zugängliche Planunterlagen, Beschreibungen, Höhen- und Maßangaben müssen enthalten sein.
  • Keine Klauseln, die die Auslegung auf das Ausführungsunternehmen abwälzen.

Wer diese Vorgaben missachtet, macht aus dem Leistungsverzeichnis ein Risikoheft – mit Konsequenzen für Fristen, Kosten und Qualität.

Orientierung an den DIN-Normen sichert Struktur und Qualität

In Nummer 7 verweist die VOB auf die allgemeinen technischen Vertragsbedingungen (ATV), insbesondere die DIN 18299 ff. Diese Normen sorgen nicht nur für technische Konsistenz, sondern auch für:

  • Einheitlichkeit des Leistungsverzeichnisses
  • Orientierung bei der Formulierung und Gliederung
  • Vermeidung doppelter oder überflüssiger Informationen

Durch Anwendung der Normen ergibt sich ein professionell strukturiertes LV, das eine vergleichbare Angebotserstellung sicherstellt. Wer mechanisch Copy-Paste-Positionen verwendet, gefährdet hingegen die Teilnahme- und Angebotsfähigkeit der Ausschreibung.

Fazit:

Die Umsetzung des § 7 Abs. 1 der VOB/A ist kein optionales Qualitätsmerkmal. Sie ist die Basis für eine vergaberechtskonforme, kalkulierbare und vergleichbare Ausschreibung. Ein durchdachtes Leistungsverzeichnis entlastet nicht nur ausführende Unternehmen, sondern reduziert Risiken auf Seite des Auftraggebers. Denn nur rechtskonforme LVs ermöglichen eine rechtssichere Vergabeentscheidung und sichern nachhaltige Bauqualität.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zur VOB-gerechten Leistungsbeschreibung

Was bedeutet „eindeutig und erschöpfend“ im Sinne der VOB?

Die Beschreibung muss so klar sein, dass jedes Unternehmen sie ohne Interpretationsspielraum verstehen und kalkulieren kann.

Warum sind Bedarfspositionen in der Leistungsbeschreibung verboten?

Weil sie die Entscheidungsverantwortung unzulässig auf die Bieter übertragen und den Angebotsvergleich verzerren.

Welche Angaben zu Baustellenverhältnissen sind zwingend erforderlich?

Sämtliche Umstände, die die Ausführung beeinflussen – z. B. Zugänge, Maße, logistische Anforderungen – müssen im LV aufgeführt werden.

Ist eine Baustellenbesichtigung Voraussetzung für die Angebotserstellung?

Nein. Die Beschreibung muss so vollständig sein, dass keine Ortseinsicht erforderlich ist. Eine Besichtigung kann empfohlen, aber nicht verpflichtend sein.