Wie du mit der Anordnung zusätzlicher Leistungen umgehst

Stell dir vor, du steckst mitten in einem Bauvorhaben, und plötzlich ändern sich die Spielregeln. Genau das passiert, wenn nach VOB zusätzliche Leistungen angeordnet werden. Diese zusätzlichen Leistungen sind nicht nur einfache Erweiterungen des ursprünglichen Plans, vielmehr verändern sie die Zeit- und Kostenplanung gewaltig.

Was also tun, wenn der Architekt oder der Auftraggeber zusätzliche VOB Leistungen anordnet, die ursprünglich im Leistungsverzeichnis nicht enthalten waren? In diesem Blogartikel zeigen wir dir, wann du diese Tätigkeiten als Handwerksunternehmen ausführen musst und welche Forderungen du in diesem Fall an Auftraggeber und Fachplaner stellen kannst.

Die Situation: Unvorhergesehene Wendungen im Bauprozess 

Was ist eine zusätzliche Leistung nach VOB?

Eine zusätzliche Leistung nach VOB bezeichnet Arbeiten, die über den ursprünglich vereinbarten Umfang eines Bauvertrags hinausgehen und vom Auftraggeber nachträglich angefordert werden. Diese Leistungen sind nicht Teil des anfänglichen Leistungsverzeichnisses und erfordern eine gesonderte Beauftragung durch den Auftraggeber. 

Gemäß § 1 Absatz 4 VOB/B kann der Auftraggeber zusätzliche Leistungen anordnen, wenn sie zur Ausführung der vertraglich vereinbarten Bauleistung notwendig werden. Diese Regelung ermöglicht eine flexible Anpassung des Bauvorhabens an unvorhergesehene Bedingungen oder geänderte Anforderungen, ohne dass ein komplett neuer Vertrag ausgearbeitet werden muss.

Die Anordnung zusätzlicher Leistungen erfordert eine formelle Mitteilung des Auftraggebers an den Auftragnehmer, in der die Notwendigkeit und der Umfang der zusätzlichen Arbeiten klar definiert sind. Typischerweise erfolgt diese Anordnung schriftlich, um Missverständnisse zu vermeiden und die zusätzliche Vergütung klarzustellen. 

Gebäudeerweiterungen und Sicherheitsmaßnahmen – die häufigsten Zusatzleistungen in VOB Projekten

Die Art der zusätzlichen Leistungen können abhängig von der Art des Bauvorhabens und dem Gewerk variieren. Am häufigsten handelt es sich bei zusätzliche Leistungen nach VOB jedoch um eine der folgenden Tätigkeiten:

  • Zusätzliche Installationen technischer Anlagen
  • Erweiterung von Gebäudeteilen
  • Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen
  • Spezielle ökologische Baumaßnahmen

Die korrekte Abwicklung zusätzlicher Leistungen nach VOB sichert sowohl den Auftragnehmer als auch den Auftraggeber rechtlich ab, indem sie sicherstellt, dass alle zusätzlichen Arbeiten dokumentiert, genehmigt und vergütet werden. Dies minimiert das Risiko von Streitigkeiten über den Leistungsumfang und die Bezahlung.

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VOB: Was tun, wenn zusätzliche Leistungen angeordnet werden?

Die Anordnung von zusätzlichen Leistungen im Bauvertrag führt häufig zu einer Vergrößerung des Vertragsinhalts und damit auch der Kosten für den Auftraggeber. Auch eine Erweiterung der benötigten Bauzeit geht meist mit der Anordnung zusätzlicher Leistungen einher. Das Leistungsverzeichnis (LV), das die Grundlage für den vereinbarten Gesamtpreis bildet, sollte daher bereits zu Beginn des Baus umfassend und vollständig sein. 

In der Praxis zeigt sich jedoch oft, dass Fachplaner verschiedene technische Bereiche nicht ausreichend detailliert planen. Die Konsequenz: Ein unvollständiges Leistungsverzeichnis. Trotz dieser Unvollständigkeiten kann es vorkommen, dass der Auftraggeber den Beginn der Arbeiten anordnet, was die Anordnung von zusätzlichen Leistungen nach sich zieht.

Wie gehst du in diesem Fall vor? In diesem Video erklärt dir Continu-ING Schritt für Schritt, wann die Anordnung zusätzlicher Leistungen nach VOB zulässig ist und wie du die Frage der Vergütung regeln kannst. 

Anordnung zusätzlicher Leistungen: Vier Denkanstöße für Handwerker

In solchen Fällen sollten Handwerksunternehmen vier zentrale Fragen klären, bevor sie die Anordnung akzeptieren. 

  1. Bist du technisch und kapazitiv auf die zusätzlichen Leistungen vorbereitet? Wenn nicht, besteht nicht die Verpflichtung, diese Leistungen durchzuführen. Alternativ kannst du ein anderes Unternehmen empfehlen, das auf die Leistung spezialisiert ist und die Arbeiten zu einem vereinbarten Preis ausführen kann.
  2. Verfügt der Auftraggeber oder der Architekt über die notwendige Vollmacht, um zusätzliche Leistungen anzuordnen? Hier ist oft eine spezifische Vertragsvollmacht erforderlich, da eine allgemeine Architektenvollmacht nicht ausreicht.
  3. Sind die bauzeitabhängigen Kosten geklärt? Da Baukosten häufig zeitabhängig sind, muss dieser Aspekt im Vorfeld genau definiert werden.
  4. Wie wird die zusätzliche Leistung vergütet? In Fällen ohne explizite Beauftragung kann die 80%-Regelung als Anhaltspunkt dienen, um eine Grundvergütung sicherzustellen.

Merke:

Wichtig zu beachten ist, dass Handwerksunternehmen nicht zur Durchführung von Beschleunigungsanordnungen verpflichtet sind, wenn diese nicht vertraglich vereinbart wurden. Diese Regelung schützt Unternehmen davor, unvorhergesehene und nicht kompensierte Mehrarbeit leisten zu müssen.

Fazit

Zusätzliche Leistungen sind im Bauwesen keine Seltenheit. Sie werden dann angeordnet, wenn  große Unterschiede zwischen den initialen Planungen und den realen Gegebenheiten eines Bauprojekts bemerkt werden. Sind bestimmte Leistungen nicht im LV zu finden, ordnet sie der Auftraggeber als zusätzliche Leistungen an.
Handwerksunternehmen sollten daher wissen, wie solche Erweiterungen vertraglich und praktisch gehandhabt werden. Dabei ist es entscheidend, dass du alle rechtlichen Aspekte im Blick behältst und proaktiv agierst, um Konflikte zu vermeiden und Chancen zu nutzen. Insbesondere die Frage der Vergütung muss im Vorfeld geklärt werden.

FAQ – häufig gestellte Fragen zu zusätzlichen Leistungen nach VOB

Was versteht man unter zusätzlichen Leistungen nach VOB?

Zusätzliche Leistungen nach VOB sind Arbeiten, die über den ursprünglich im Bauvertrag festgelegten Umfang hinausgehen und vom Auftraggeber schriftlich angeordnet werden. Dabei wird die Ausführung der vertraglich vereinbarten Bauleistung vervollständigt oder angepasst. Diese Leistungen werden notwendig, wenn sich im Laufe des Bauprojekts neue Anforderungen oder Bedingungen ergeben, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbar waren und daher nicht im Leistungsverzeichnis berücksichtigt wurden.

Wann kann ein Auftraggeber zusätzliche Leistungen anordnen?

Ein Auftraggeber kann zusätzliche Leistungen jederzeit während der Bauausführung anordnen, wenn er feststellt, dass diese notwendig sind, um den vertraglich vereinbarten Zweck zu erreichen oder auf unvorhergesehene Umstände zu reagieren. Wichtig ist dabei, dass die zusätzlichen Leistungen für das Erreichen des Vertragsziels notwendig sind, das Handwerksunternehmen betrieblich passend eingerichtet ist und eine Vertragsvollmacht vorliegt.

Wie sollte ein Auftragnehmer auf die Anordnung zusätzlicher Leistungen reagieren?

Bei der Anordnung zusätzlicher VOB Leistungen sollte der Auftragnehmer darauf achten, eine schriftliche Bestätigung vom Auftraggeber zu erhalten, die die genaue Beschreibung und den Umfang der zusätzlichen Leistungen beinhaltet. Zudem ist es wichtig, eine Anpassung der Vergütung und der Fristen zu verhandeln, um Mehrkosten und zeitliche Verzögerungen, die durch die zusätzlichen Arbeiten entstehen, angemessen aufzufangen. Erst dann sollte die zusätzliche Leistung erbracht werden – vorausgesetzt, es besteht eine betriebliche Eignung deines Unternehmens, die Arbeiten auszuführen.