Einheitspreise im Nachtrag drastisch gekürzt – was tun? Eine korrekte Kalkulation reicht im Rahmen der VOB nicht aus, um Nachtragsforderungen erfolgreich durchzusetzen. Häufig resultieren Ablehnungen oder Preisreduktionen aus unzureichend dokumentierter Darstellung von Anspruchsgrund und -höhe. Wer professionelle Nachträge einreichen will, muss strategischer agieren – mit Struktur, Transparenz und dem Wissen über Wahlrechte gemäß VOB.

Warum Einheitspreise regelmäßig gekürzt werden

In der Praxis erleben Bauunternehmen regelmäßig, dass eingereichte Nachtragsangebote mit deutlichen Kürzungen beantwortet oder vollständig abgelehnt werden – oft vom Architekten oder Fachplaner. Die Gründe dafür sind selten Willkür. Stattdessen liegt das Problem meistens an:

  • Fehlenden Nachtragsbegründungen (Anspruchsgrund)
  • Unvollständiger Darstellung der Anspruchshöhe
  • Verzicht auf EFB-Blätter zur Preisaufschlüsselung
  • Falscher Fokus auf die ursprüngliche Urkalkulation
  • Vergleich mit günstigeren Positionen aus dem Leistungsverzeichnis

Diese Punkte lassen erkennen: Am Ende scheitert der Nachtrag nicht am Preis, sondern an der Begründungspflicht nach VOB.

Nachtragsbegründung: Wo fängt der Fehler an?

Die VOB/B fordert für die Anerkennung eines Nachtrags eine schlüssige und prüfbare Begründung. Das bedeutet konkret:

  • Der "Anspruchsgrund" muss klar beschrieben werden. Etwa: neue Leistung, geänderter Bauablauf, Planungsfehler etc.
  • ⁠Die "Höhe" der Forderung muss nachweisbar dargelegt werden.
  • Wahlrecht: Es besteht keine Pflicht zur Urkalkulation, wenn tatsächliche Kosten belastbar abgerechnet werden können.

Fehlt nur ein Teil in dieser Beweiskette, wird der Nachtrag angegriffen. Die Antwort: Preiskürzung oder direkte Rückweisung.

Das Wahlrecht: Urkalkulation oder tatsächliche Kosten?

Viele Unternehmen wissen nicht, dass sie im Rahmen der VOB ein Wahlrecht haben: Sie dürfen ihre Nachtragskalkulation entweder

  • nach der ursprünglichen Urkalkulation oder
  • ⁠nach tatsächlich entstandenen Kosten

einreichen. Dieses Wahlrecht ist essenziell, denn es eröffnet Flexibilität beim Nachweisen von Preisveränderungen – besonders in dynamischen Baukontexten.

Fehlannahmen rund um die Urkalkulation führen häufig dazu, dass Architekten oder Planer auf vergleichbare Positionen im Leistungsverzeichnis zurückgreifen – und so vermeintlich keinen Spielraum für höhere Preise erkennen. Mit korrekter Wahl und plausibler Kalkulation nach tatsächlichen Kosten lassen sich solche Kürzungen vermeiden.

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EFB-Blatt: Transparenz schafft Vertrauen

Ein weiterer strategischer Hebel bei der Nachtragskalkulation gemäß der VOB ist das sogenannte EFB-Blatt: eine strukturierte Preisaufschlüsselung. Wer die Preiskomponenten nachvollziehbar aufgliedert, beweist:

  • Solide, marktorientierte Kalkulation
  • Trennung von Lohn-, Material- und Gerätekosten
  • Transparenz gegenüber Auftraggeber, Architekt und Planer

Ein sauber aufbereitetes EFB-Blatt ersetzt Diskussionen und minimiert unnötigen Interpretationsspielraum. Es erfüllt die Anforderung der VOB an eine wirtschaftliche, prüfbare und nachvollziehbare Preisermittlung. Ohne dieses Dokument steht die Nachtragsforderung auf wackligen Beinen.

So gelingt der systematische Nachtrag nach VOB

Erfolgreiches Nachtragsmanagement erfordert Prozessklarheit. Es genügt nicht, lediglich neue Positionen und höhere Preise aufzuzählen. Die VOB verlangt eine integrative Darstellung aller relevanten Parameter. Empfohlen wird daher folgender Ablauf:

  • Erstellung eines vollständigen Nachtragsleistungsverzeichnisses (LV)
  • ⁠Dokumentation des Anspruchsgrunds (z.B. neue Leistungen, Leistungsänderung)
  • ⁠Wahl der Kalkulationsmethode gemäß Wahlrecht
  • ⁠Erstellung der Aufwandskalkulation oder Überarbeitung der Urkalkulation
  • Aufschlüsselung der Preise im EFB-Blatt
  • Vorlage eines formal korrekten und prüffähigen Nachtrags

Diese Schritte vermeiden unnötige Rückfragen, Verzögerungen oder gar Ablehnungen.

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Vorteile eines professionell aufgesetzten Nachtrags

Ein strategisch strukturierter Nachtrag spart Zeit, Geld und Nerven. Konkret verbessert sich im Projektalltag:

  • ⁠Die Durchlaufzeit bis zur Beauftragung: von mehreren Wochen auf ca. 10–15 Tage
  • Die Höhe der durchgesetzten Einheitspreise
  • Die Beweiskraft und Professionalität im schriftlichen Austausch
  • Die Entlastung der Bauleitung durch weniger Eskalationen oder Verhandlungen

Je transparenter die Forderung, desto direkter die Zustimmung – das ist eine der zentralen Gesetzmäßigkeiten bei Nachträgen.

Fehler vermeiden – wirtschaftlich profitieren

Die häufigsten Fehler bei Nachträgen nach VOB lassen sich einfach vermeiden:

  • Unklare oder fehlende Nachtragsbegründung
  • Verzicht auf das Wahlrecht
  • Keine Preisaufschlüsselung
  • Reine Orientierung an vorab kalkulierten Einheitspreisen
  • Unvollständig erstelltes Nachtrags-LV

Wer diese Punkte kennt und gezielt korrigiert, baut ein nachhaltiges, reproduzierbares Nachtragsmanagement auf – unabhängig von Projekt, Region oder Auftraggeber.

Fazit: Die VOB verlangt mehr als Summen

Professionelles Nachtragsmanagement ist kein Hexenwerk – aber auch nicht mit klassischer Bauchladenmentalität umsetzbar. Einheitspreise dürfen nicht geschätzt, sondern müssen belegt werden. Die VOB bietet den Rahmen, die Struktur muss vom Unternehmen selbst umgesetzt werden.

Mit proaktiver Systematik, klarer Preisstruktur, vollständiger Dokumentation und fundierter Argumentation wird aus einem klassischen Nachtragsärger ein profitabler Bestandteil des Bauprozesses.

FAQ – Häufige Fragen zur Nachtragserstellung nach VOB

Was ist der wichtigste Bestandteil eines Nachtrags gemäß VOB?

Der Nachtrag muss dem Grunde und der Höhe nach vollständig begründet sein. Dafür braucht es eine klare Beschreibung des Anlassfalles und eine transparente Preisaufschlüsselung – idealerweise über ein EFB-Blatt.

Muss immer nach Urkalkulation kalkuliert werden?

Nein. Innerhalb der VOB besteht ein Wahlrecht: Entweder nach Urkalkulation oder tatsächlichen Kosten. Die gewählte Methode muss nachvollziehbar belegt werden.



Wie wirkt sich ein fehlendes EFB-Blatt aus?

Ohne EFB-Blatt fehlt die Preisaufschlüsselung – das macht die Forderung häufig angreifbar oder führt zur Ablehnung. Eine strukturierte Aufgliederung ist essenziell für die Prüffähigkeit.







Was tun, wenn Architekten Vergleichspositionen zur Kürzung heranziehen?

Auch hier ist entscheidend, die eigenen Preise wasserdicht zu dokumentieren. Die Orientierung an Vergleichspositionen ist gängige Praxis – kann aber entkräftet werden, wenn spezifische Mehrleistungen sachlich und rechnerisch erläutert sind.