Das Leistungsverzeichnis (LV) ist die Grundlage jeder Bauausschreibung. Es soll Leistungen klar, vollständig und kalkulierbar beschreiben. In der Praxis passiert jedoch oft das Gegenteil: Lückenhafte Planung, schwammige Formulierungen und Allgemeinklauseln, die das Risiko vollständig auf den Handwerker abwälzen.
Ein typisches Beispiel:
„… alle erkennbaren, kalkulierbaren und für die Erbringung der Leistung unabdingbaren Leistungen sind im Preis enthalten – auch wenn sie nicht ausdrücklich erwähnt sind.“
Klingt harmlos? Ist in Wahrheit ein Haftungskiller.
Das Problem mit schwammigen Leistungsverzeichnissen
In vielen VOB-LVs werden Pflichten einfach ins Blaue formuliert. Begriffe wie „erkennbar“ oder „unabdingbar“ öffnen Tür und Tor für Streitigkeiten:
Wer bestimmt, was „erkennbar“ ist?
Wer legt fest, was „unabdingbar“ ist?
Und warum soll der Handwerker die Fehler der Planung ausbügeln?
Die Vorstellung vieler Auftraggeber:
„Ein professioneller Unternehmer weiß schon, was alles dazugehört.“
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Die Realität: Der Unternehmer ist nicht der Planer.
Er wird für die Ausführung bezahlt – nicht fürs Hellsehen, nicht für fehlende Planung und auch nicht fürs Nacharbeiten schwammiger Ausschreibungen.
Die Folgen für Handwerker
Wer sich auf solche Formulierungen einlässt, erlebt schnell das bekannte Muster:
Du baust,
du haftest,
du räumst auf,
du reinigst,
du dokumentierst,
du erledigst alles – und am Ende heißt es: „Der Handwerker war zu teuer.“
Mit anderen Worten: Alles Risiko beim Ausführenden, alle Vorteile beim Auftraggeber.
Die Wahrheit: Planung ist Sache des Planers
Ein rechtssicheres Leistungsverzeichnis nach VOB muss klar beschrieben und eindeutig kalkulierbar sein. Alles andere ist ein Planungsfehler – und darf nicht auf den Rücken des Unternehmers abgeladen werden.
Planung gehört zum Planer.
Kalkulierbarkeit braucht Klarheit.
Wer Leistung will, muss sie beauftragen – nicht hineininterpretieren.
Konsequenz: Nachträge sind die logische Folge
Wer glaubt, alle Eventualitäten ins LV mit einem „ist mit drin“ abdecken zu können, wird am Ende Lehrgeld zahlen. Denn Handwerksunternehmen haben das Recht – und die Pflicht – auf baubetriebliche Nachträge, wenn Leistungen nicht klar beauftragt waren.
Auswirkungen auf die Vergütung
Die Abrechnung nach VOB erfolgt in der Regel auf Basis von Einheitspreisen und den tatsächlich erbrachten Mengen:
- Mehr- und Mindermengen werden nach § 2 VOB/B angepasst.
- Nachträge sind nur dann berechtigt, wenn Leistungen nicht im LV enthalten sind und durch den Auftraggeber zusätzlich angeordnet wurden.
Ein präzises LV ist damit die Grundlage für kalkulationssichere Preise und faire Vergütung.
Fazit
Ein schwammiges Leistungsverzeichnis nach VOB ist kein Freifahrtschein, um alle Risiken auf den Handwerker abzuwälzen. Im Gegenteil: Es produziert Streit, Nachträge und Mehrkosten.
Handwerker sind keine Lückenfüller für schlechte Planung. Wer saubere Leistungen will, muss sie auch klar und eindeutig ausschreiben – und fair bezahlen.
FAQ – Leistungsverzeichnis VOB
Was ist ein Leistungsverzeichnis nach VOB?
Es ist die Leistungsbeschreibung in einer Ausschreibung, die den genauen Umfang der Bauleistungen regelt und die Grundlage für Angebote bildet.
Was passiert, wenn das LV lückenhaft ist?
Der Handwerker muss Bedenken anmelden. Nicht klar beschriebene Leistungen sind nicht automatisch im Preis enthalten.
Darf der Auftraggeber einfach „alles Erkennbare ist mit drin“ schreiben?
Nein. Solche Klauseln sind rechtlich problematisch und führen zu Streitigkeiten. Leistungen müssen eindeutig beschrieben und beauftragt werden.
Was können Handwerker tun?
Frühzeitig Bedenken anmelden, die Lücken dokumentieren und später – wenn nötig – Nachträge stellen.