Das Team steht bereit, Material liegt auf der Baustelle, Geräte laufen – und dann stoppt der Ablauf: Sperrung, fehlende Vorleistung, Planänderung. Die Reaktion ist korrekt: Behinderungsanzeige raus. Doch hier beginnt das Liquiditätsproblem. Anzeigen ohne Stillstandsabrechnung und saubere Nachweiskette bewirken wenig. Wer als Chef im Handwerksbetrieb Behinderungen konsequent dokumentiert und abrechnet, schützt Cashflow und Marge.

Die klassische Falle: Anzeige ohne Abrechnung

Viele Betriebe melden Behinderungen formal korrekt, lassen die Kostenwirkung aber offen. Ergebnis: Termine werden verschoben, Kolonnen bleiben gebunden, Geräte stehen – Geld fließt keins. Genau wie bei Baubeginnverschiebungen laufen Lohn-, Fahrzeug- und Gerätekosten weiter, während keine produktive Leistung abgerechnet wird. Die Liquidität sinkt sofort.

Merke:

Behinderungsanzeigen ohne Stillstandsabrechnung bringen nichts – sie halten nur den Kalender an, nicht die Kosten.

Unsichtbare Kostenfresser bei Unterbrechungen

Mit jeder Unterbrechung steigen versteckte Kosten: Kolonnen warten, Taktfolgen reißen, Rüstzeiten verdoppeln sich, Wege werden länger. Häufig gelingt die Umverteilung auf andere Baustellen nicht, es fehlen Pläne oder Kapazitäten. Dann entstehen Einarbeitungsverluste und unproduktive Einsätze, die direkt aus der Kasse bezahlt werden müssen. Genau dieses Muster ist aus vergleichbaren Situationen bekannt: Stehzeiten und unproduktive Einsätze fressen Liquidität.

Kostentreiber im Überblick:

  • ⁠ Lohnfortlauf bei Stillstand, Kolonnennachlauf, Wiedereinarbeitung
  • ⁠Gerätemiete, Hebezeuge, Baustelleneinrichtung „unter Dampf“
  • Zusatzfahrten, Doppelrüstungen, Logistikumläufe
  • Qualitäts- und Nacharbeitsrisiken durch Taktunterbrechung

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Typische Fehler – und wie sie sich vermeiden lassen

  1. Nur melden, nicht rechnen.

    Die Anzeige geht fristgerecht raus, aber es fehlt ein Ansatz für Stillstandskosten und Mehraufwände. Folge: Keine kompensierenden Zahlungen, Liquidität rutscht.

  2. Keine prüffähigen Mengen/Zeitnachweise.

    Ohne Regieberichte, Fotostandpunkte, Kolonnennachweise und Gerätestunden bleibt die Forderung angreifbar.

  3. Unklare Kausalität.

    Wird nicht sauber gezeigt, was die Behinderung ausgelöst hat und welcher Mehraufwand daraus entstand, fehlen Ankerpunkte für die Abrechnung.

  4. Zu späte Kommunikation.

    Später Nachlauf statt zeitnaher Anzeige und Nachweis – der Gegenüber nutzt Lücken aus. Genau diese Nachlässigkeit in der Dokumentation kostet doppelt.

Mindset für Chefs: Behinderungsanzeigen erhalten Liquidität

Eine Behinderungsanzeige ist kein Verwaltungsakt, sondern ein Liquiditätsinstrument. Ziel ist nicht nur Terminverschiebung, sondern Geldzufluss für gebundene Ressourcen. Jede Unterbrechung, die fachlich korrekt angezeigt, ursächlich begründet und mit Stillstand/Mehrkosten nachgewiesen wird, ist abrechenbar – und schützt den Cashflow.

Prinzipien:

  • ⁠Anzeigen = Abrechnen. Immer Anzeige + monetäre Wirkung.
  • Zeitnah & prüffähig. Berichte, Stunden, Geräte, Fotos, Mengen.
  • Kausal & konkret. Ursache → Wirkung → Kosten → Forderung.
  • ⁠Standardisiert. Einheitliche Vorlagen, feste Felder, klare Zuständigkeiten.

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So wird aus der Anzeige Geld: Der 5-Schritte-Prozess

1) Sofortanzeige mit Fakten

Datum, Uhrzeit, genaue Ursache (z. B. fehlende Vorleistung, gesperrter Bereich, fehlende Freigabe), betroffene LV-Positionen, betroffener Takt/Abschnitt, erwartete Dauer.

2) Arbeitsunterbrechung und Ressourcenbindung benennen

Kolonnenstärken, Geräte, Baustelleneinrichtung, Material am Ort. Erläutern, warum Umverteilung nicht möglich oder unwirtschaftlich ist (Planstand, Material, Kapazitäten). Die Realität: Umverteilung klappt selten reibungslos.

3) Stillstandsabrechnung anlegen

  • ⁠ Lohn: Wartezeiten, Kolonnennachlauf, Wiedereinarbeitung
  • Geräte: Miete/Abschreibung, Betriebskosten, Vorhaltung
  • BGK/AGK: anteilige Baustellengemeinkosten während der Sperre
  • Logistik: Zusatzfahrten, Umladung, Lagerung

4)  ⁠Nachweise führen

Regieberichte (täglich), Fotodokumentation, Gerätestundenzettel, Lieferscheine, E-Mail-Verkehr. „Merke“ aus der Vorlage: Nur wer vorbereitet ist und seine Rechte kennt, verhindert Liquiditätsverluste.

5) ⁠Forderung stellen

Zeitnah prüffähig abrechnen: dem Grunde nach (klare Ursache/Wirkung) und der Höhe nach (transparente Herleitung aus Urkalkulation und Zeit/Einheit).

Formulierungshilfen (sofort nutzbar)

  • ⁠  ⁠Behinderungsanzeige (Kernaussage):

„Hiermit wird eine Behinderung angezeigt. Ursache: (konkret beschreiben und in Bauzeitenplan referenzieren). Betroffen sind die Leistungen (LV-Pos.), Abschnitt (XY). Seit (Datum/Uhrzeit) steht die Kolonne (X Mann) mit (Gerät/BE) still. Umverteilung ist aus folgenden Gründen nicht möglich: (konkrete Gründe).“

  • ⁠  ⁠Kostenwirkung (Stillstand):

„Für den Zeitraum (von/bis) fallen Stillstandskosten an: Lohn (h), Geräte (h/Tagessatz), BE-Vorhaltung, Logistik. Nachweise folgen mit Regieberichten, Fotoprotokollen und Gerätestundenzetteln.“

  • ⁠  ⁠Forderungsankündigung:

„Die Kosten werden dem Grunde und der Höhe nach prüffähig geltend gemacht. Bitte kurzfristig Anweisung/Termin zur Klärung.“

Führung & Organisation: Was sofort eingeführt werden sollte

  • Standard-Template Behinderung (Anzeige + Kostenfeld + Nachweis-Checkliste)
  • ⁠Regie-Routine täglich (Unterschrift vor Ort einholen, alternativ dokumentierter Zustellnachweis)
  • Fotostandpunkte fix (immer gleiche Blickwinkel, Zeitstempel)
  • Ressourcenmonitor (gebundene Kolonnen/Geräte pro Tag, monetär bewertet)
  • ⁠Review 48 h nach Anzeige (Update Dauer, Kosten, Umplanungsoptionen)

Diese feste Arbeitsweise sorgt dafür, dass jede Unterbrechung nicht nur sichtbar, sondern liquiditätswirksam wird.

Beispiel aus der Praxis (kompakt)

  • Auslöser: Bereich gesperrt, Vorleistung fehlt.
  • Anzeige: Sofortige Meldung mit Abschnitt, LV-Bezug, Kolonne, Gerät.
  • ⁠Nachweise: Tägliche Regieberichte, Fotos, Gerätestunden.
  • Abrechnung: Lohn/ Geräte/ BGK für Stillstand + Wiedereinarbeitung.
  • Ergebnis: Anerkannte Stillstandskosten; Termin neu justiert; Cashflow stabil.

Ohne Abrechnung wäre die Kolonne „unsichtbar“ gebunden gewesen – Liquiditätsloch inklusive. Genau solche Effekte beschrieben die Vorlage: unproduktive Einsätze drücken unmittelbar die Kasse.

FAQ

 

Warum sinkt die Liquidität trotz pünktlicher Behinderungsanzeigen?

Weil Anzeigen allein keinen Geldfluss auslösen. Kosten laufen weiter, Leistung wird nicht produziert. Erst mit Stillstandsabrechnung und Nachweisen entsteht ein abrechenbarer Anspruch. Das Muster ist identisch mit anderen Stillstandsituationen: Kosten laufen, Einnahmen fehlen.

Warum gelingt die Umverteilung selten?

Es hapert an Plänen, Material, Kapazitäten und Einarbeitung. Umverteilung erzeugt zusätzliche Verluste, statt sie zu vermeiden – genau darauf weist die Strukturvorlage hin (Einarbeitungsverluste, fehlende Grundlagen).

Was passiert bei lückenhafter Dokumentation?

Lücken werden gegen den Betrieb genutzt. Im Streitfall zahlt, wer schlecht dokumentiert – doppelt. Deshalb: zeitnah, vollständig, prüffähig dokumentieren.