Wie kann ein Handwerks- oder Ausbauunternehmen professionell auf mangelhafte Planungen reagieren – besonders bei öffentlichen Bauprojekten? Die Antwort liegt in einer konsequenten Anwendung der VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) sowie einem klaren Verständnis der rechtlichen Grundlagen. Denn unvollständige Pläne, fachliche Inkompetenz und fehlende Baupraxis führen regelmäßig zu Verzögerungen, Zusatzkosten – und letztlich zum Streit. Wer diesen Herausforderungen strukturiert begegnet, kann seine Risiken minimieren und zugleich die eigene Position im Projekt stärken.

Ursachen für strukturelle Planungsfehler im Bauablauf

Qualitativ unzureichende Planungsleistungen sind längst kein Einzelfall mehr, sondern ein systemisches Problem mit mehreren Ursachen:

  • ⁠Die Generation an erfahrenen Planern geht in Rente, ohne ihr Erfahrungswissen weiterzugeben.
  • Junge Architekten und Fachplaner steigen ohne Praxiserfahrung direkt in verantwortungsvolle Projekte ein.
  • Der Bologna-Prozess führt zu akademischer Verschulung bei gleichzeitig fehlender Baustellenerfahrung.
  • Viele Planer besitzen keine Kenntnisse zu bauvertraglichen Pflichten gemäß VOB, insbesondere Teil B und C.
  • Motivation zum Nachbessern fehlt, da Honorare unabhängig von der Qualität der Planung abgerechnet werden.

Diese Gemengelage sorgt dafür, dass Planungsverantwortliche zunehmend nicht die Leistung liefern, die ein Bauprojekt aus Sicht der VOB erfordert.

Die Rolle der VOB bei mangelhaften Planungen

Die VOB ist das zentrale Regelwerk für Bauverträge in Deutschland – insbesondere für öffentliche Auftraggeber. Sie regelt nicht nur die Vergabe von Aufträgen, sondern definiert auch die Pflichten und Leistungen der Vertragspartner in der Bauphase. Besonders relevant:

  • ⁠§ 3 Abs. 1 VOB/B: Verpflichtung zur mängelfreien Leistung
  • ⁠VOB/C ATV: Technische Details und Anforderungen für konkrete Gewerke
  • Bieterpflichten bei offensichtlichen Mängeln in der Ausschreibung

Die ordnungsgemäße Anwendung all dieser Bestimmungen verlangt Fachkenntnis – auf Auftraggeber- und auf Planerseite. Fehlen diese, werden Bauunternehmer oft mit diffusen Plänen und Fehlinterpretationen allein gelassen.

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Reaktionen auf Planungsmängel: Abgrenzung oder Kooperation?

Viele Bauunternehmen stehen zunächst vor einem Dilemma: Baubeginn trotz zweifelhafter Plangrundlage oder Verweigerung der Leistung aus Haftungsgründen. Die wirtschaftlich und rechtlich sinnvollere Lösung liegt meist dazwischen. Folgende Handlungsprinzipien wirken in der Praxis:

  • Vorsicht statt Provisorium: Risiken bei Ausführung auf Basis ungenauer Planung vermeiden
  • Schriftlich fixieren: Mangelhafte Pläne und deren Auswirkungen dokumentieren
  • ⁠VOB-gerechte Behinderungsanzeige nach § 6 VOB/B erheben
  • ⁠Detaillierte Nachtragsbegründung erarbeiten (§ 2 Abs. 5/6 und § 2 Abs. 8 VOB/B)

Ein zentrales Missverständnis begegnet Handwerksunternehmen immer wieder: Die Annahme, der ausführende Betrieb müsse Wissens- oder Fachdefizite beim Planer durch „Mitdenken am Bau“ kompensieren. Das widerspricht klar dem Kooperationsgebot und darf nach VOB nicht als selbstverständlich abgeleitet werden.

Strategien zur Durchsetzung der eigenen Interessen

Maßgeblich für eine erfolgreiche Projektsteuerung ist es, Planer und Auftraggeber zur Erfüllung ihrer Pflichten zu bewegen:

  • ⁠Fachliche Aufklärung: Vermittlung grundlegender Inhalte der VOB Teil C (insb. ATV-spezifische Anforderungen)
  • Kooperative Gesprächsführung: Professioneller Austausch ohne Verbitterung – mit Fokus auf gemeinsames Gelingen
  • ⁠Gleichberechtigung forcieren: Planer nicht als Befehlshaber, sondern als gleichgestellte Projektakteure verstehen
  • Eskalation als letzte Maßnahme: Sanktionen erst einsetzen, wenn Kooperationspflichten eindeutig verletzt werden

Planer, die sich der Nachbesserung oder fachlichen Rückkopplung verweigern, müssen aus Sicht der Projektstruktur konsequent angezählt werden. Denn Ignoranz gefährdet nicht nur Bauzeit und Budget, sondern auch die Rechtsgrundlage des Projekts.

Bauvertragliche Pflichten und Nachträge: Das sagt die VOB

In vielen Fällen führen fehlerhafte Ausführungsplanungen oder unvollständige Leistungsverzeichnisse zu Mehrkosten für Nachunternehmer. Diese müssen nach VOB/B § 2 Abs. 5–8 in Form von Nachträgen erfasst und begründet werden. Entscheidend dabei:

  • Nachträge bedürfen einer vollständigen Vorplanung (möglichst mit detaillierter Leistungsbeschreibung)
  • Auftraggeber müssen Planermängel anerkennen – und dürfen nicht reflexhaft auf Leistungsverweigerung pochen
  • ⁠Behinderungen durch Planungsdefizite müssen sachlich benannt und zeitlich eingeordnet werden

Transparente Tabellen oder Bullet-Listen im Schriftverkehr stärken dabei die eigene Argumentationsbasis.

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Professioneller Umgang: Emotional neutral, rechtlich präzise

Konfliktsituationen auf der Baustelle eskalieren oft deshalb, weil Planer sich durch Kritik persönlich angegriffen fühlen. Hier gilt es, auf einer sachlich-rechtlichen Ebene zu bleiben und mit professioneller Gelassenheit auf Fehler hinzuweisen. Das bedeutet in der Umsetzung:

  • ⁠Wertfreie Kommunikation: „Maßnahme XY kann auf vorhandener Planungsgrundlage nicht wirtschaftlich umgesetzt werden“
  • Vermeidung von Schuldzuschreibungen: Nur dokumentierter Mangel zählt
  • Nutzung der VOB als Autorität: Rechtskonforme Ableitung aller Konsequenzen durch Bezug auf Paragraphen

So lassen sich emotionale Blockaden abbauen – und neue Spielräume für geregelte Bauabläufe öffnen.

Fazit: VOB-Wissen ist Schlüsselkompetenz für Bauunternehmen

Wissen ersetzt nicht das Handwerk – aber es schützt es. Fundierte Kenntnis der VOB schützt Betriebe davor, für die Fehler anderer haften zu müssen. Gerade in öffentlichen Projekten wächst der Druck, sich juristisch und fachlich abzusichern. Wer Planungsmängel erkennt, korrekt dokumentiert und nach VOL/VOB handelt, erhöht seine Chancen auf Erfolg – ohne den Weg zu eskalieren. Kooperative Projektführung bedeutet nicht Nachgiebigkeit, sondern professionelle Stärke.

FAQ zur VOB und Planungsmängeln

Was tun, wenn die Ausführungsplanung unvollständig ist?

Die Leistung darf nicht ohne Nachbesserung erbracht werden. Stattdessen ist eine formalisierte Behinderungsanzeige gemäß § 6 VOB/B erforderlich.

Darf bei fehlerhaften Plänen sofort ein Nachtrag gestellt werden?

Nein. Erst nach transparenter Darlegung des ergänzten Aufwands samt relevanter VOB-Vorschriften kann ein Nachtrag eingereicht werden.

Kann der Auftraggeber pauschal auf „Koordination durch Planer“ verweisen?

Nein. Die VOB verpflichtet zur zurechenbaren Leistungsbeschreibung und Koordination. Der Auftraggeber muss die Qualität der Planung gewährleisten.







Wie können Planungsfehler langfristig vermieden werden?

Durch systematische Rückkopplung, Schulung und Anwendung der VOB-Standards auf Seiten aller Beteiligten – insbesondere auch bei neuen Planern ohne Baustellenerfahrung.