Ein idealer Planungsablauf in neun Phasen

In Deutschland ist der professionelle Ablauf von Bauprojekten durch gesetzliche Vorgaben geregelt. Dabei spielt die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), der sich unser Magazin VOB.de größtenteils widmet, eine entscheidende Rolle. Diese Regelwerke definieren den Vergabeprozess, bieten Leitplanken für die praktische Umsetzung und Ausführung und ergänzen diese um spezifische technische Standards.

Der Planungsprozess von Bauprojekten fällt jedoch nicht unter die VOB, sondern ist frei vertraglich zu gestalten. Hier tritt die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in den Vordergrund, die mit ihrer Anlage 15 ein Leistungsbild zeichnet, das die verschiedenen Phasen der HOAI detailliert beschreibt.

In diesem Blogartikel möchten wir dir die neun HOAI Phasen für einen professionellen, geordneten und garantiert erfolgreichen Bauprozess vorstellen. Darüber hinaus werden wir die Wichtigkeit der Befolgung dieser Schritte beleuchten und dir zeigen, wie du dich im Falle einer Abweichung absichern kannst.

Die neun Phasen der HOAI – so läuft der Planungsablauf idealerweise ab

In der HOAI werden neun Phasen vorgestellt, die den Planungsprozess eines Bauprojekts umreißen. Diese Phasen umfassen sowohl Grundleistungen als auch besondere Leistungen, wobei letztere speziell vereinbart werden müssen, um eine klare und eindeutige Basis für Planung und Durchführung von Bauvorhaben zu schaffen.

Die neun HOAI Phasen sind im Detail:

  1. Grundlagenermittlung: Diese Phase bildet die Grundlage für das gesamte Projekt und ist entscheidend für die erfolgreiche Planung und Umsetzung.
  2. Vorplanung: In dieser Phase werden erste Ideen entwickelt und mit dem Auftraggeber besprochen, um ein erstes Konzept für das Bauvorhaben zu erarbeiten.
  3. Entwurfsplanung: Der erste große Schritt in Richtung Detaillierung der Planungsaufgabe, inklusive der Funktionsweise der Anlage und der Berücksichtigung der Schnittstellen zu anderen Gewerken wie Elektrotechnik und Statik. Die Freigabe durch den Auftraggeber markiert den Abschluss dieser HOAI Phase.
  4. Genehmigungsplanung: Erstellung eines genehmigungsfähigen Entwurfs für die Baubehörde, einschließlich aller notwendigen Unterlagen für den Bauantrag. Die Freigabe durch die Baubehörde ist ein wichtiger Meilenstein, da hier die Realisierbarkeit des Projekts festgestellt wird.
  5. Ausführungsplanung: Umsetzung der Anmerkungen und Vorgaben der Baubehörde, um einen detaillierten und praktisch ausführbaren Plan zu erstellen.
  6. Vergabephase: Die Planung ist nun detailliert genug, um mit den Vergabeprozessen zu beginnen. Es werden Angebote unterschiedlicher Firmen eingeholt und bewertet.
  7. Mitwirkung bei der Vergabe: Analyse der eingegangenen Angebote und Festlegung des ausführenden Unternehmens.
  8. Bauüberwachung: Mit dem Baubeginn startet die Überwachung des Bauvorhabens, um die Ausführung gemäß der Planung zu gewährleisten.
  9. Objektbetreuung und Dokumentation: Begleitung des Projekts bis zur vollständigen Fertigstellung und Übergabe, inklusive der Erstellung der abschließenden Dokumentation.

Jede Phase trägt auf ihre Weise zum Gelingen des Bauvorhabens bei und erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber, Architekten, Ingenieuren und weiteren beteiligten Akteuren. Eine präzise Ausführung und Koordination dieser Phasen ist essenziell für die Realisierung von Bauprojekten nach deutschen Standards. Insbesondere die Einhaltung der Abfolge der HOAI Phasen ist dabei entscheidend.

Theorie und Praxis der HOAI Phasen

In der Theorie bietet die Struktur der HOAI Phasen eine klare Richtschnur für den Ablauf von Bauprojekten, doch die Realität sieht oftmals anders aus. Häufig kommt es zu einer Vermischung und Verkürzung der ersten beiden HOAI Phasen, Grundlagenermittlung und Vorplanung, ebenso wie zwischen der Entwurfs- und Ausführungsplanung.

Ein wesentlicher Faktor hierfür ist der Zeitdruck seitens des Auftraggebers, der den Ausschreibungsprozess so schnell wie möglich in Gang setzen möchte. Dies führt dazu, dass Ausschreibungen ohne die notwendige Detailtiefe und auf Basis grober Schätzungen erstellt werden.

Ein kritischer Punkt ist hierbei die Erstellung von Ausschreibungen ohne vorliegende behördliche Genehmigungen, was als häufigste Ursache für gestörte Bauabläufe gilt und Unsicherheit bei den Handwerksbetrieben erzeugt. 

Das Risiko, dass die Behörde den Bauantrag nicht genehmigt, kann im Worst Case zum Stillstand der Baustelle führen. Änderungsforderungen der Baubehörde im Bauprozess führen zudem zu erhöhtem Aufwand für Planer und Ausführende, was wiederum Nachträge und Leistungsrevisionen nach sich zieht.

Unsere Praxisempfehlungen für Auftraggeber, Planer und Handwerksunternehmen

Praxisabweichungen von den HOAI Phasen können gravierende Folgen für alle Beteiligten haben. Hierzu zählen:

  • Terminverzug
  • Qualitätsverluste
  • Mehrkosten
  • Erhöhte Haftungsrisiken für Planungsbüros

Daher lautet unser Praxistipp für Auftraggeber: Stets den Bauablauf nach den HOAI Phasen einhalten und dem Planer ausreichend Zeit für eine sorgfältige Planung zu geben, bevor der Ausschreibungsprozess beginnt.

Planungsbüros sollten gegenüber dem Auftraggeber Bedenken hinsichtlich Unvollständigkeiten, Risiken bezüglich der Zulassung und Massenrisiko anzeigen, sodass der Auftraggeber die Verantwortung hierfür übernimmt.

Handwerksbetrieben empfehlen wir, darauf zu bestehen, dass ausreichende Ausführungsunterlagen bereitgestellt werden, um den Auftraggeber in die Pflicht zu nehmen und eine reibungslose Umsetzung des Projekts zu gewährleisten.

Du bist Akteur in einem Bauprozess und möchtest weitere Empfehlungen, wie du dich bei Abweichungen von den HOAI Phasen verhalten solltest? In diesem Video geht Continu-ING Gründer Andreas Scheibe der praktischen Umsetzung der HOAI Phasen auf die Spur und zeigt dir, welche Vorteile ein sorgfältiger Planungsprozess im Einklang mit der HOAI für alle Beteiligten mit sich bringt.

Fazit

Die neun HOAI Phasen stellen einen strukturierten Rahmen für den Ablauf von Planungs- und Bauprozessen dar, der darauf abzielt, Projekte effizient und qualitätsbewusst zu realisieren. Die praxisnahe Anwendung dieser Phasen offenbart jedoch Herausforderungen, insbesondere wenn es unter Zeitdruck zu einer Vermischung oder Verkürzung der Phasen kommt.

Wichtig ist, dass alle Beteiligten, vom Auftraggeber über die Planungsbüros bis hin zu den ausführenden Handwerksbetrieben, die Bedeutung dieser Struktur erkennen und sich um eine sorgfältige Einhaltung bemühen. Die Berücksichtigung der HOAI Phasen im Planungsprozess ist essenziell, um Terminverzüge, Qualitätsmängel und unnötige Mehrkosten zu vermeiden und somit den Erfolg des Projekts für alle Beteiligten zu sichern.

FAQ – häufig gestellte Fragen zu den HOAI Phasen

Was sind die HOAI Phasen?

Die HOAI Phasen sind eine nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) festgelegte Abfolge von Planungs- und Ausführungsschritten für Bauprojekte. Sie gliedern den Prozess von der Grundlagenermittlung über die Detailplanung bis hin zur Objektbetreuung und Dokumentation in neun definierte Phasen, um eine strukturierte und qualitätsgesicherte Abwicklung zu gewährleisten.

Warum ist die Einhaltung der HOAI Phasen wichtig?

Die Einhaltung der HOAI Phasen ist wichtig, um eine klare Struktur im Planungs- und Bauprozess zu gewährleisten, die Kommunikation zwischen den Beteiligten zu verbessern und ein qualitativ hochwertiges Ergebnis zu sichern. Sie hilft, Missverständnisse zu vermeiden, rechtliche Sicherheit zu schaffen und das Risiko von Mehrkosten und Verzögerungen zu minimieren.

Was kann passieren, wenn die HOAI Phasen nicht eingehalten werden?

Nicht eingehaltene HOAI Phasen können zu einer Reihe von Problemen führen, darunter Planungsfehler, Verzögerungen im Bauablauf, Qualitätsmängel und erhöhte Kosten. Zudem erhöht sich das Risiko von Konflikten zwischen den Beteiligten, falls der Bauprozess oder das Bauergebnis nicht den vertraglichen Vereinbarungen oder den allgemeinen Standards entspricht.